Archiv der Kategorie: Bücher

Café Radieschen

Heute: Café Radieschen. Am Buntentorsteinweg, genauer gesagt am Friedhof Buntentor. Vorbeigefahren bin ich hier schon oft und fand den Namen so lustig. Noch lustiger finde ich ihn allerdings, seit ich den Witz verstanden habe, das mit dem Friedhof und den Radieschen. Von unten.

Heute akuter Schreibtischkoller, also Umzug ins Café, und warum nicht mal auf die andere Weserseite gehen? Ein Weg, den ich keineswegs bereut habe. Ich befinde mich hier in einem Traum in Grün und Pink – meine Lieblings-Farbkombi, übrigens. Es ist beste Kaffee-und-Kuchen-Zeit und ziemlich voll, ich lande deshalb im Nebenraum an dem langen Tisch für größere Gesellschaften. Denn hier finden natürlich auch Nach-Beerdigungs-Kaffeefeiern statt. Aber nicht heute. Empfehlen würde ich dies Lokal unbedingt, wenn es mal so weit ist. Die Mandel-Kirschtorte ist saftig und schmeckt köstlich und kommt auf einem goldgeränderten Blümchenteller daher. Der Milchkaffee ist Weltklasse. Die rosa Rosen sind frisch, die Vase alt, das Spitzendeckchen handgeklöppelt. Über meinem Kopf ein Kristallleuchter (eins von diesen Wörtern mit drei l – ich finde noch immer, dass das seltsam aussieht), leiser Swing aus den Lautsprechern. Hach.

Und das Aller-Allerbeste: Es gibt hier ein Bord oder eigentlich zwei – voll mit lauter Bilderbüchern über Tod und Sterben. „Ente, Tod und Tulpe“ von Wolf Erlbach z.B. und „Die besten Beerdigungen der Welt“ von Ulf Nielsson und Eva Erikson. Und ich habe grade ein Buch gefunden, das ein lieber alter Bekannter mir mal empfohlen hat, als ich nach dem Tod einer Freundin sehr traurig war: „Gehört das so??! – Die Geschichte von Elvis“, geschrieben und gezeichnet von Peter Schüssow. Ein kleines Mädchen stiefelt durch einen Park und zieht eine große rote Handtasche hinter sich her. Dabei wird sie aufmerksam von einer Gruppe überaus skuriller Gestalten beobachtet, die sich alsbald als sehr empathische, tröstliche Freunde erweisen. Denn Elvis ist tot, und das kleine Mädchen fragt sich und die ganze Welt: „Gehört das so??!“ Wun-der-ba-res Buch für alle (Todes-)Fälle.

Ich lasse mir meinen Kuchen schmecken und sinniere darüber, dass es doch nett wäre, wenn meine Freunde und Verwandten hier an dem langen Tisch zusammensäßen bei Torte und Schnaps und sich von mir erzählten. Wie ich so war. Und dass unsere Oma genau solche Teller hatte. Während ich mir in aller Ruhe die Radieschen von unten angucke.

http://www.radieschen-bremen.de/

Neulich in Berlin – CaféBilderbuch

Neulich in Berlin war ich mal wieder in meinem absolut weltliebsten Schreib- und Frühstückscafé: Das „Café BilderBuch“ in der Akazienstraße, Berlin Schöneberg.

Wenn man vorn ins Café reinspaziert und sich nicht auskennt, sieht man: Ein kleines Straßenbistro mit angenehmer Athmosphäre und einem großen Schaufenster zur Straße. Die Plätze mit dem Straßenblick sind leider besetzt. Ein Glück, denn so lässt man den Blick suchend weiterschweifen und entdeckt eine Art Durchgang. Kann sein, dass man auf die Idee kommt, den gutaussehenden und zuvorkommend lächelnden Kellner, der schräg gegenüber der Kuchenvitrine auf einem Barhocker sitzt, zu fragen, ob es hinten auch noch Tische gibt. Dann würde der nämlich nicken und antworten: „Aber sicher – jede Menge!“ und man schritte beherzt und neugierig durch den langen, etwas düsteren Korridor.

Aber dann! Es tut sich einem ein Raum auf, wie man ihn in Berlin gemeinhin „Berliner Zimmer“ nennt, wegen des Fensters in der Ecke zum Hof raus. Nur viel größer. Vielleicht waren das mal mehrere Räume, und es wurden Wände rausgerissen. Dicke Pfeiler, teilweise mit dekorativen Mauerresten, deuten darauf hin. Und was als nächstes ins Auge fällt, sind die wandhohen Bücherregale. Bücher! Bücher! Zu hunderten! Vor dem einen, auf einem Podest, ein schwarzer Flügel. Mit großem vierarmigen Silberleuchter drauf. Das könnte bedeuten, dass hier auch hin und wieder Konzerte stattfinden. Lesungen auch, wie ich der zeitungsähnlich aufgemachten Speise- und Getränkekarte entnehme, und zwar jeden 2. Mittwoch im Monat. Als ich das erste Mal hier war, hämmerte allerdings ein unbeaufsichtigter Zweijähriger auf die Tasten ein, bis sich der Kellner mit forschem Schritt und drohender Miene näherte. Da war dann der junge Vater doch in Sorge um seinen Spross und holte ihn geschwind vom Instrument weg. Meist aber ist es recht ruhig hier.

Man sitzt auf alten Polstermöbeln unterschiedlicher Formen und Stilepochen. Unter Stehlampen mit Fransenschirmen oder Schwanenhalsleuchten. Die kleinen bräunlichen Aquarelle stammen, so vermute ich, von einem zeitgenössischen Künstler oder/und Stammgast. Zur Latte Macchiato gibts Mozarts Kleine Nachtmusik. Der Marmorkuchen ist sehr zu empfehlen und das Frühstück hat lustige Namen wie „Es war einmal“, „Die kleine Meerjungfrau“ und „Geschichten aus der Molkerei“. Kreativ.

Für mich war das hier eine echte Entdeckung. Und die Atmosphäre ist zum Schreiben wie geschaffen. Bücher, wohin das Auge schweift, gedämpftes Licht und klassische Musik. Ich schreibe übrigens wie fast immer mit der Hand. Hier einen Laptop aufzuklappen käme mir auch irgendwie unpassend vor, obwohl vermutlich niemand daran Anstoß nehmen würde. Stift und Block passen einfach besser zum buchenfurnierten runden Ausziehtisch und leicht angestaubten Ausgaben von „Krieg und Frieden“, „Angelique“ und Edgar Wallace. Und irgendwie auch zum Marmorkuchen. Die beiden jungen Studentinnen bei mir am Tisch tauschen sich aus über Prag, Amsterdam und die Männer in ihrem Leben. Auch schön – die Tische sind groß genug, dass nicht zueinander gehörende Menschen durchaus beieinandersitzen können, ohne dass es unangenehm wird, und obwohl man, wenn man möchte, deren Gesprächen zuhören könnte. Mann könnte ja auch weghören…

Würde ich ein Stück links rüberrutschen auf meiner grauen Ledercouch, in Richtung Stehlampe, könnte ich auch ganz gut lesen. Vielleicht mach ich das gleich mal, lasse den Stift sinken und die Caféhausstimmung auf mich wirken, bestelle mir ein Glas Wein und hole mir ein Buch aus dem Regal …

Glücklich

Diese Woche ist fast wie Urlaub – zwei Projekte haben sich auf Ende Juni verschoben – schön, dass auch manche Kunden ihre Deadlines nicht einhalten. Noch schöner, dass die sonst so vielbeschäftigte Schreiberin mal Zeit für lange aufgeschobene Dinge hat. Heute war es ein Routine-Arztbesuch, der mich nach Findorff geführt hat. Und da nutze ich doch die Gelegenheit, ein bißchen durch die Straßen dieser Gegend zu schlendern, in der ich mal für viele Jahre gewohnt habe.

Und nun sitze ich in einem Café mit dem schönen Namen „Feliz“, glücklich also, am Findorffmarkt. Hier bin ich sehr, sehr gern. Schon allein deshalb, weil es Bagel gibt, mit Lachs und Frischkäse (my favorite) und natürlich noch mindestens sieben andere Sorten. Außerdem einen günstigen Mittagstisch aus regionalen Zutaten und Fleisch aus artgerechter Tierhaltung und so. Zu schade, dass ich grade gar keinen Hunger habe. Und ich liebe die Tapete rechts vom Tresen! Meterhohe rotweiße Papageientulpen sind drauf, die Blütenblätter so weit geöffnet, dass man sie auf den ersten Blick für Lilien halten könnte. Die „brand eins“ im Zeitschriftenregal, auch super. Von meinem Platz aus, über meine große Kirschsaftschorle hinweg, entdecke ich, dass der Bücherbus der Stadtbibliothek noch immer, wie schon vor 20 Jahren, am Freitagnachmittag auf dem Markt steht. Das freut mich irgendwie und ich hoffe, dass er dort auch besucht wird. Die Bibliotheken in den Stadtteilen sind ja in den vergangenen Jahren immer weniger geworden. Es gab zum Beispiel mal eine große Filiale in der Neustadt und eine kleinere im Steintor. Beide geschlossen, schon vor Jahren. Und da ich gerade dabei bin möchte ich die Gelegenheit nutzen, ein Loblied auf die öffentlichen Bibliotheken zu singen. Für 20,- Euro ist es mir erlaubt und sogar erwünscht, durch ein weitläufiges, mehrstöckiges Gebäude zu wandern und alle Bücher, die dort in den Regalen stehen, zu lesen oder sogar mit nach Hause zu nehmen. Die Zentralbibliothek steht mitten in der Bremer Innenstadt, und man kann dort auch CDs, Filme, Sprachkurse, Spiele und sogar Kunstwerke ausleihen oder in bequemen Sesseln stundenlang Zeitungen und Zeitschriften lesen, wenn man die Zeit dazu hat. Ich empfinde das Konzept „öffentliche Bibliotheken“ als ein großes Stück Lebensqualität. Meinen ersten Bibliotheksausweis hatte ich mit acht. Und mein Sohn hat schon als zweijähriger Steppke in der Kinderabteilung Bilderbücher durchgeblättert.

Ich muss los. Aber ich möchte noch gar nicht. Die brasilianische Musik im Hintergrund macht mir gute Laune und ich habe jetzt doch ein bißchen Hunger. Da ich mich aber sowieso nicht zwischen dem Lachs-Bagel, der Lamm-Tajine und der Erdbeer-Schmand-Torte entscheiden könnte, verschiebe ich das fröhliche Fressen aufs nächste Mal.

Morgen vielleicht.

Frauen Zimmer Schreiben

Gestern saß ich im „Casa Paula“, wo man den besten Galão Bremens serviert. Ausnahmsweise saß ich da nicht allein und nicht, um zu schreiben, sondern um mit einer lieben alten Freundin zu plaudern. Die mir – Überraschung! – ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk mitbrachte. Ein Buch. Eines, das wunderbar in mein Thema passt, denn es geht um Orte zum Schreiben. Das Buch heißt: Frauen Zimmer Schreiben und wurde herausgegeben von Christiane Palm-Hoffmeister. Es beginnt mit einem Brief an Virginia Woolf, die sich zeitlebens ein Zimmer für sich allein zum Schreiben gewünscht hat, und es enthält neben Texten von 22 Autorinnen wunderschöne Fotos ihrer Schreibzimmer. Mit Computer oder ohne, mal mehr, mal weniger aufgeräumt. Mit Teekannen und Topfpflanzen, Karteikästen und Kugelschreibern. Von manchen Schreibtischen aus kann man in grüne Bäume blicken, andere stehen unter Dachschrägen oder mitten in Wohnzimmern. Auch, unsichtbar und dennoch unübersehbar: Gedankenwolken, Wortschwärme, Ideennebel. Man nennt das auch Kreativität.
Ein inspirierendes Buch für Schreiberinnen und die, die es gern wären.

FrauenZimmerSchreiben

Frauen Zimmer Schreiben

Im Lesegarten 2. Teil

Weil ich heute gegen 10 Uhr vormittags auf dem Rückweg von einem Termin sowieso hier vorbeikam, habe ich mich zum Zeitunglesen wieder einmal im sonnigen Lesegarten niedergelassen. Und den Cappucchino aus dem Automaten getestet. Er kostet 50 Cent und für diesen Preis ist er akzeptabel.
Am Nachbartisch haben sich ein Mann und eine Frau „mittleren Alters“ niedergelassen. Er holt auch Kaffee aus dem Automaten. Offenbar haben sie sich hier zum Frühstück verabredet. Beide holen Tüten und Frischhaltedosen aus ihren Fahrradtaschen. Tomaten, belegte Klappstullen, Obstsalat. Sieht lecker aus. Und die Idee find ich toll.
Im Weserkurier steht interessantes über die Situation von Flüchtlingen in Bremen, über die Aktion „Bremen lebt“, die Johannes Strate von der Gruppe „Revolverheld“ ins Leben gerufen und die sich die Erhaltung eines lebendigen Kneipen- und Kulturlebens im Bremer Viertel auf die Fahne geschrieben hat. Großartig, sag ich mal als leidenschaftliche Viertelbewohnerin. Zu finden bei YouTube.
Außerdem nehme ich mir vor, mir nächste Woche den Film „Nur eine Stunde Ruhe“, Regie: Patrice Leconte („Monsieur Claude und seine Töchter“) in der Gondel anzusehen.
Und jetzt zurück an den Schreibtisch.

Im Lesegarten

Ich habe es wohl dem frühlingshaften Wetter zu verdanken, dass ich an einem Samstagnachmittag einen freien Platz im „Lesegarten“ der Zentralbibliothek Bremen an der Domsheide bekommen habe. Kommt selten vor, denn man sitzt hier wirklich schön und tatsächlich unter Bäumen! Durch das Glasdach ca. 12 Meter über mir sieht man einen schwimmbadblauen Himmel mit dicken Zuckerwattewolken. Bibliotheksbesucher wissen sich in der Regel zu benehmen, es ist also relativ ruhig, selbst die internationale studentische Arbeitsgruppe am Nachbartisch redet zwar viel, aber leise.
Leider habe ich heute nicht viel Zeit, will mir nur geschwind einen Reiseführer für Dresden besorgen. Es wird dann in einigen Wochen ganz sicher auch einen Bericht über ein Schreibcafé in Dresden geben.
Denn Cappucchino aus dem nicht besonders vertrauenerweckenden Automaten probiere ich dann lieber nächstes Mal.